Von Vulkanen, Zeltplatzglück und Schreckensminuten


Nachdem wir in Kanada ein paar alkoholreiche Tage im Okanagan-Tal verbracht hatten und jede Menge Wein probieren und genießen konnten, genossen wir unsere letzten Fahrtage in den USA. Es gab noch einiges zu erkunden und wir wollten noch einen uns liebgewonnen Freund wiedertreffen. Aber wie jedes Mal, wenn wir in die USA einreisten, erfolgte ein längeres Interview an der Grenze. Diesmal zwei Damen in Uniform. (Anmerkung: wenn ihr die Wahl zwischen Mann und Frau am Grenzposten habt, wählt den Mann!!!) „Wollen Sie Motorradteile in den USA lassen?“ Nein! (Warum sollte ich das? Ich will ja fahren und nicht schrauben.) „Führen Sie Obst und Gemüse in die USA ein?“ Ja, Pfirsiche, Pflaumen und Tomaten. „Tomaten! Die müssen Sie abgeben!“ O.k. „Haben Sie Waffen oder waffenähnliche Gegenstände dabei?“ Eine Machete und ein Taschenmesser! „Das ist o.k.! Wie finanzieren Sie sich Ihre Reise?“ Wir haben Geld gespart und müssen uns nach unserer Rückkehr einen neuen Job suchen. (Oh Mist, falsche Antwort. Alarm! Alarm! Jetzt ganz behutsam die nächsten Antworten wählen.) „Planen Sie in den USA zu bleiben und zu arbeiten?“ Nein. Auf keinen Fall, meine Mutter zählt schon die Tage bis zu unserer Rückkehr, ich muss nach Hause! (Und ich will hier auch nicht leben, wohnen oder einwandern. Es besteht aktuell eine 50%-Wahrscheinlichkeit, dass die Republikaner die Wahl im November gewinnen und ich muss befürchten, dass ich als Frau dann wieder am Herd stehen muss und mir das Motorradfahren verboten wird.) „Gute Fahrt!“ Na das war ja ein Kinderspiel! Ha, und die Frage, ob wir Alkohol mit uns führen, haben sie auch vergessen. Diesmal haben wir sogar eine kleine Flasche Eiswein dabei. Nun gut, dann schmuggeln wir die einfach rüber.


Trotz dieser mutwilligen Verzögerung haben wir es noch rechtzeitig zum Treffpunkt mit Freddo Frog geschafft. Was wir bis dahin nicht wussten: Es war „Labour Day“-Wochenende, also Kurzurlaub für alle und gleichzeitig das letzte Ferienwochenende. Und das Wetter war super. Hier um Seattle in Washington ist das meistens nicht der Fall. Regen gibt es viel, deshalb ist es auch recht grün – der „Evergreen“ State. Alle wollten zelten, waren schon angereist oder hatten mindestens einen Zeltplatz reserviert. Nur wir nicht! Ich weiß nicht wie, aber irgendwie haben wir es hinbekommen, dass wir jedes Mal den letztverfügbaren Zeltplatz bekommen haben. Einmal war der Zeltplatz vorreserviert, aber erst für den nächsten Tag und somit eine Nacht frei. Und ein anderes Mal war der bereits reservierte Platz zu klein für das riesige Zelt der Familie, so dass sie auf einen „Ausweichplatz“ ziehen musste und wir einen schönen Platz für uns hatten. Überraschenderweise waren die Zeltplätze sehr ruhig, trotz der Menge an Leuten. Es wurde aber auch schnell empfindlich kalt, so dass wir uns am Lagerfeuer unsere Geschichten erzählten. Und mit Freddo Frog erlebt man immer was. Ich erinnere mich noch an den Zeltplatz in Alberta, Kanada, wo wir fast rausgeschmissen wurden und uns eine hohe Geldstrafe angedroht wurde, weil irgend so ein Frosch unbedingt Unterholz verbrennen musste…


Und diesmal war ich der „Frosch“! Weil das Wetter so schön und die Fotomotive so reich waren, musste die Kamera unbedingt aufgeladen werden. Leider gibt es auf den Zeltplätzen im Nationalpark nur auf den Toiletten Strom. Kein Problem, dann häng ich die Fotokamera halt dort ran und gebe Acht, dass sie nicht entwendet wird. Also alles vorbereitet und schon lädt die Kamera.
Mist, warum sind da so viele Teenager. Mach ich mal einen Kontrollgang Nr. 1: Alles klar, Kamera da! Schön Wasser für die Suppe aufgesetzt. Und was macht schon wieder das Pärchen da solange? Sie rein, dann raus, er rein, dann raus, sie rein… Kontrollgang Nr. 2: Weiterhin alles Roger, Kamera da! Nur noch schnell die Zwiebel geschnitten, dann hat die Kamera eine Stunde Zeit gehabt zum Saft aufladen, das muss reichen. Zwiebel fertig, ich zum Toilettenhaus, Kamera: weg! Oh nein, das kann nicht wahr sein, Ohrfeige mich selbst mehr als zweimal, Mist was jetzt, das gibt es doch gar nicht und und und. Frag ich mal die Nachbarn vom Toilettenhaus. Nee wir haben niemanden mit einer Kamera gesehen, aber ich helf dir, sie zu finden. Ich denke nur: „finden“, alles klar, die ist weg und wird auch weg bleiben. Fange gleich schon wieder an, mich zu Ohrfeigen. Aber Frau Nachbarin sagt, sie betet für mich und das wird schon. Also klappern wir ein paar Zeltplätze ab, ohne Erfolg! Frau Nachbarin meint, sie gehe jetzt mal zum Platzwart, vielleicht hat der die Kamera genommen. Ich ziehe mit gesenktem Kopf und hängenden Schultern weiter. Nein ich frage nicht die Frau, die da friedlich liest und eine Weinflasche vor sich zu stehen hat. Und den Mittfünfzigermann, der weiß bestimmt auch nichts. Ach egal, ich frag ihn einfach. „Ja, meine Frau hat eine Kamera gefunden und sie mitgenommen. Ist es die hier?“ Jaaaaaaaaaaaaaaaaaa, die ist es. Und Danke, ich bin so froh, Danke, Danke… Ich diskutiere nicht, warum eigentlich „mitgenommen“. Hallo, die lag da nicht so zum Mitnehmen rum, sondern zum Aufladen! Und warum seid ihr Mitte 50, das passt nicht in meine Vorurteile-Schublade!!! Egal, die Schreckensminuten hatten ein Ende, der Abend war gerettet und Mt. Rainier und Mt. St. Helens konnten fotografiert werden.


Wir befinden uns gerade in dem Bergzug „Cascade Range“. Der zieht durch Washington und Oregon und zu ihm gehören jede Menge Vulkane. Am häufigsten ist bis jetzt Mt. St. Helens ausgebrochen. 1980 hat er seine schöne schneebedeckte Spitze verloren und zeigt seitdem einen riesigen Krater zur Nordseite hin mit einem Lavadom in der Mitte. 2004 war ein letzter kleinerer Ausbruch, der die Leute nicht flüchten ließ, sondern sie magisch anzog, Sensationstourismus eben! Die Wissenschaftler haben den Vulkan ausgiebig studiert und konnten neue Standards für mögliche Vulkaneruptionen weltweit definieren. Und was folgte: sie fürchten nun einen Ausbruch von Mt. Rainier! Der hat 25 Gletscher und in seinem „Einzugsgebiet“ leben vier Millionen Menschen. Ich glaube es wird Zeit, diesen Kontinent zu verlassen! Aber vorher geht es noch schnell zum Vulkan Mt. Baker 😉

Freddo Frog hat uns freundlicherweise ein kleines Video zur Verfügung gestellt, in dem ihr 1. uns fahren seht (leider hat Freddo Frog nur einen Einzylinder und kommt deshalb häufig nicht mit uns mit 😉 und 2. die mittlerweile in Regeneration befindliche, jedoch immer noch sichtbar zerstörte Landschaft nach dem Ausbruch von Mt. St. Helens sehen könnt. Freddo Frog ist jetzt wieder alleine unterwegs. Wir verpacken morgen Supertranse. Und Patricks Maschine wird auch abgeholt und erfreut sich dann eines neuen Besitzers. Das wars mit Motorradfahren in „the Americas“. Schön wars. Aber alles hat ein Ende….
Jana


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