Sauna, Akka, Lava

Wir wohnen seit ein paar Tagen auf der Baustelle, die das Sommerhaus von Heikki und Ulla ist. Von einem HäusCHEN oder einer Datsche kann man eigentlich nicht sprechen. Es ist ein bisschen zu groß. Aber es wird noch ein wenig dauern, bis Heikki es komplett fertig gebaut hat. Er macht das alleine. Ist aber egal. Die Sauna – sie wurde in den Fels gesprengt – ist nämlich schon fertig. Also kann man hier auch wohnen. So ist das bei den Finnen. Und es gibt schlechtere Plätze, um ein Haus zu bauen. Etwas erhöht liegt es über der Bucht eines großen Sees. Drumherum viel Wald und ein Nachbarn, den man nicht wahrnehmen kann. Man könnte Fische fangen, wenn man es könnte. Ich kann es offenbar nicht. Habe aber Spaß am Versuch. Jana hingegen versucht sich in Dingen, die sie beherrscht: Fotos vom selben Motiv mit unterschiedlichem Licht machen. Irgendwie wie Urlaub.



Da wir aber immer an der Kultur der Länder interessiert sind, die wir besuchen, haben wir gestern auch an einer traditionellen Tanzveranstaltung teilgenommen. Mehr passiv aber immerhin. Dafür gibt es hier eigene Gebäude. Man nennt das dann Lava und in diesem Fall Kajaste Lava. In einem etwa zehneckigen Raum bewegten sich zahlreiche Paare unterschiedlichsten Alters zu Livemusik tanzend gegen den Uhrzeigersinn um den Mittelpfosten. Die Musik kam von einer kleinen Bühne und wurde von Jungs dargeboten, die man ihrem Äußeren nach eher beim Rockfestival erwartet hätte, das gleichzeitig in einer Stadt 130 Kilometer südlicher vermutet hätte. Wohlklingender Name der Kombo: Tanssiorkesteri Esteri. Gespielt wurden Klassiker finnischen Tangos, Humppas und Schlagers. Im Tanzraum war das Essen, Trinken und Rauchen streng verboten. Wir ließen uns belehren, dass es eine ganze Bewegung gäbe, die jedes Wochenende mit ihren Campern zu derlei Tanzveranstaltungen führen.
Um kurz vor 23 Uhr dann der Auftritt von Jean S. Dabei handelte es sich nicht um einen gesuchten französischen Schwerverbrecher. Vielmehr gab eine finnische Showband Coverversionen finnischer und internationaler Klassiker zum Besten. Das war lustig. Getoppt hätte es vielleicht werden können, wenn sich unsere Sprachkenntnisse nicht auf unsinnige Kurzsätze beschränken würden. Dazu gleich mehr. Nach zwei Stunden endete der Auftritt mit dem Absingen finnischer Kinderlieder unter Einbezug des Publikums. Also außer Jana und mir natürlich. Dann fuhren wir zurück in unser Haus – um eine interessante Erfahrung reicher und nüchtern, versteht sich!

Mit Sprachen, die man nicht beherrscht ist es ja immer ein wenig schwierig. Man lernt erste Worte, weiß aber nicht, ob man sie auch so ausspricht, dass man verstanden wird. Da hilft nur eines: ausprobieren! Ich empfehle aus eigener Erfahrung folgendes Vorgehen: Man lerne einen Satz, den man sich vom Mutterprachler  (hier Heikki) hat beibringen lassen. In meinem Fall war es ein sehr kurzer Satz, was sich anbietet. Mein Satz lautete: „Turpa kiinni, akka!“ Heikki hatte ihn mir beigebracht, weil ich nach der Bedeutung des Namens ‚Akka-Koli‘ fragte. Das ist der höchste Punkt Ostfinnlands – super Aussicht! Wissend um die etwas fragwürdige Bedeutung des Satzes weihe man noch weitere Begleiter mit Sprachkenntnis ein (hier Ulla) ein, auf das sie nicht überrascht werden. Bei passender Gelegenheit dann, schleudere man den Satz seiner Partnerin so laut entgegen, dass mindestens die umstehenden Menschen Kenntnis nehmen und beobachte die Reaktionen.
Wir standen zu dritt vor einem Gebäude des Aussichtpunkts und ich nutzte die Gelegenheit, Ulla mein Experiment anzukündigen: „Heikki hat mir einen Satz auf Finnisch beigebracht. Ich werde ihn gleich benutzen. Du wirst entweder entsetzt sein oder lachen.“ Sie schaute ein wenig irritiert aber das musste reichen. Jetzt kam Jana als letzte aus dem Gebäude und drängte: „Wir müssen die Seilbahn nach unten bekommen.“ Das war meine Chance: „Turpa kiinni, akka!“ schleuderte ich ihr entgegen. Und die Wirkung war erstaunlich! Weniger bei Jana, die mich ja nicht verstehen konnte. Eher schon bei Ulla, die durchaus… wie soll ich sagen… erstaunt war. Über den Satz als solchen zum einen. Zum anderen aber vor allem über die Blicke sämtlicher Umstehender, die sich sofort zu uns umgedreht hatten. Hach, welch Späßchen! Ich stieg in die Seilbahn und war verschwunden, Gewinner, der ich war! Und offenbar hatte Heikki bei der Übersetzung nicht geflunkert. Der Satz lässt sich wohl am ehesten wie folgt übersetzen: „Halt’s Maul, alte Schachtel!“


In diesem Sinne bleibt tapfer,

Paddy

PS: Geht doch!


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