Gib dem Wolf keine Chance

Mit den Mächtigen dieser Welt war es ja schon immer so, dass sie sich am liebsten mächtige Gebäude bauen ließen, um später nicht in Vergessenheit zu geraten. Menschen plagten sich, um Steinquader aufeinander zu türmen, auf dass man sagen würde: Welch ein Herrscher! Meistens finden Forscher die Reste – mal besser, mal schlechter erhalten – irgendwann in einem Wald oder Dschungel und sind dann bis ans Ende ihrer Tage mit der Rekonstruktion beschäftigt. Schließlich kommen Touristen und versuchen – im besten Falle – sich vorzustellen, wie das Leben damals wohl so gewesen sein mag, welcher Prunk gestrahlt haben könnte, welche gotthuldigenden Rituale vollzogen worden sein mögen.

Soweit die epische Einleitung. Jetzt schaut euch mal an, was diese Gedanken auslöste.



Ich dachte spontan an die Pyramiden-Ruinen in den Urwäldern Mexikos.

Mitten im Wald der wirklich wieder schönen polnischen Masuren, umgeben von Mooren und entsprechend in der Hauptsache bevölkert von Mücken findet sich, was einst als Adolf Hitlers Kriegshauptquartier für die Planung des Russlandfeldzugs gebaut wurde: die „Wolfsschanze“. Ruinen einer kleinen Bunkerstadt. Führerbunker, Göring-Bunker, Bormann-Bunker, Keitel-Bunkel, Jodl-Bunker, allgemeiner Luftschutzbunker, Gästebunker und die üblichen obligtorischen Begleiter: Kasino, Kino, Teehaus und Bahnhof.
Neben dem Russlandfeldzug wurden hier auch Deportationen geplant. Und bei genauerem Hinsehen war es auch nicht mehr wirklich weit her mit der Schönheit der Reste. Vielleicht ist es so, dass von jedem bleibt, was er produziert. Von dieser Zeit der Deutschen bleiben Trümmer meterdicken Betons, zu dick, um sie komplett verschwinden zu lassen. Im Übrigen von den Abziehenden selbst so hinterlassen. Hitler bevorzugte die Ruinenlösung. So oder so. Und überall.


So klettert man durch die Trümmer – „bitte die Wege nicht verlassen – Lebensgefahr!“ – und ist beeindruckt von der dem normalen Menschenverstand irgendwie bekloppt erscheinenden Bereitschaft, sich für die Durchsetzung der eigenen Macht mit derart dicken Mauern zu umgeben. Leben stellt man sich oder stelle ich mir anders vor. Aber vielleicht bin ich auch nicht das Zielpublikum. Wenigstens das „Drumherum“ spricht nicht dafür. Am Eingang begrüßt einen ein Wachstand mit Kübelwagen, MGs, Munitionskisten, einem SMS-tippenden Angestellten in Wehrmachtsuniform und der Möglichkeit, sich gleich mal in Schützenstellung fotografieren zu lassen. Auf dem Gelände gibt es eine ähnliche Möglichkeit noch einmal. Nennt sich dann Schießstand und man kann sowohl die Waffen als auch die Uniform wählen, mit der man abgelichtet werden möchte. Toll! Ob die Waffen, die zum Verkauf an der Wand hingen, echt waren, habe ich lieber nicht gefragt. Und noch was fürs Klischee: Die deutschen Autos auf dem Parkplatz hatten Nummernschilder aus LDS, LOS und OHV – Zufall.

Ach so, berühmt geworden ist die Wolfsschanze natürlich wegen eines Attentats. Eines fehlgeschlagenen. Das Stauffenberg-Attentat. Wusstet ihr aber sicher. Es gibt eine Tafel mit der Chronologie der Ereignisse (8.00 Uhr: Stauffenberg besteigt in Berlin mit seinem Adjutanten ein Flugzeug…). Und es gibt eine Gedenktafel an der Stelle, an der einst die Baracke der Ereignisse stand. Insgesamt ein sehr eigenwillig gruseliger Ort. Wie gesagt: Banalität und Macht und all die Zerstörung… Masuren allerdings ist ansonsten wirklich und ehrlich dringend eine Reise wert!!!


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